Sonntag, 3. Oktober 2010

Ihr gebt die Waffen, um uns zu vernichten

Das erste Mal gab Murat Karayilan der israelischen Presse ein Interview.
Ein Team des israelischen Senders Chanel 2 war in Kandil und
traf sich dort mit Murat Karayilan. Veröffentlicht wurde das Interview unter
anderem auch auf der Titelseite der Zeitung Haaretz.
Das Verhältnis zwischen PKK und Israel war vor allem in den letzten Jahren
getrübt. Erwähnt sei hier nur die Entführung Abdullah Öcalans im Jahre 1999,
bei der der israelische Geheimdienst eine entscheidende Rolle spielte.
Aktuell sind es vor allem die Heron genannten Drohnen – unbemannte
Flugobjekte – die zur Aufklärung im Kampf gegen die PKK von der Türkei
eingesetzt werden und die die Türkei von Israel bezieht.
Murat Karayilan sagte in dem Interview: „Wissen Sie, für mich besteht das
größte Rätsel in Folgendem: Von allen Völkern der Welt hätte ich vor allem
von Israel erwartet, dass es uns [KurdInnen] gegenüber Verständnis zeigt und
uns unterstützen würde. Ihr habt den Holocaust erlebt, seid massakriert
worden, seid in die Emigration gezwungen worden, wurdet verfolgt. Und nun
blickt auf unser Volk, auf die kurdischen Menschen. Wir teilen jetzt das
gleiche Schicksal. Die Syrer, die Türken, die Iraner, alle Mächte der Region
wollen uns vernichten und bemühen sich, dies auch zu bewerkstelligen. Und in
der großen Gemeinschaft der Völker ist ausgerechnet euer Volk jenes, das
ihnen in ihrem Bemühen hilft, indem ihr ihnen die Waffen gebt mit denen sie
uns vernichten.
Es gab einmal eine Zeit, in der wir Freunde waren. In den Jahren 1960/1970
unterstützte Israel die KurdInnen. Wir haben das begrüßt. Aber seit den
1980er Jahren, seit Israel die Beziehungen zur Türkei und die militärische
Zusammenarbeit mit der Türkei forciert hat, sehen wir sie an der Seite
jener, die uns systematisch unterdrücken und vernichten wollen.
Ist denn Handel, ist denn Profit alles! Natürlich sollte es auch zwischen
der Türkei und Israel Beziehungen geben. Warum nicht? Aber warum müssen die
Beziehungen zu unseren Lasten gehen? Warum müssen sie uns unser Leben
kosten? Ich frage mich, ob den Menschen in Israel bewusst ist, in welcher
Art die Türkei die Waffen und die (militärische) Ausbildung, die sie der
Türkei zukommen lässt, nutzt.“
Erdoğan hat mehr und offener als jeder andere türkische Ministerpräsident
die Beziehungen zur Hizbullah und zu Syrien forciert. Er umarmt Ahmadinejad
und spricht sich lobend über die Hamas aus. Seid ihr euch wirklich sicher,
dass die Türkei euch freundschaftlich gesinnt ist?“

ANF, 22./23.9, ISKU

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen