Dienstag, 15. Januar 2013

Für Sakine, Fidan und Leyla soll es so viele Blumen geben wie in Kurdistan blühen

Ferda Çetin – Die Tragödie der Geschichte: Die Stadt der Literatur und der Revolution ist zum Schauplatz der Ermordung von drei revolutionären kurdischen Frauen geworden. Für die Kurden ist Paris von nun an eine Stadt des Mordes, eine Stadt, die sich versündigt hat ...

Überall wo Staat und Macht herrschen, ist es notwendig, die geraubte Freiheit von neuem an Bedeutung gewinnen zu lassen. Denn nicht eine einzige Macht wird bereitwillig die Freiheit gewähren. Für die Freiheit sind ein erbitterter Kampf und ihre „Eroberung“ notwendig. In diesem Sinne ist diese Eroberung die „Arbeit“ von Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez.
 

Daher sind die Fragen „Wer hat den Mord begangen?“ und „Wer sind die Täter und die Mitschuldigen?“ absurd.
 

Die Mörder sind diejenigen, die die Freiheit der Kurden, der Frauen und der Völker des Mittleren Ostens nicht wollen.
 

Es sind diejenigen, die sagen, dass die Kurden keinen Staat wollen, keine Föderation wollen, keine demokratische Autonomie wollen und eigentlich nicht offen aussprechen wollen, „dass das kurdische Volk unter unserer Herrschaft als Sklaven leben kann.“
 

Es ist der Rabulist und anmaßende Scherge, der sagt: „Wir gewähren ihnen ihr Leben, wenn die kurdische Guerilla die Waffen niederlegen und Kurdistan verlassen.“
Es sind die Medienleute, die „Paris ist heute sehr schön“ sagend vor Freude jubeln, während alle Menschen aus Kurdistan in tiefer Trauer sind.
 

Es sind die „großen“ und „zivilisierten“ Staaten, die den gerechten und legitimen Kampf des kurdischen Volkes gegen die Barbaren als „Terrorismus“ beschuldigen und mit den Despoten des Mittleren Ostens zusammenarbeiten.
 

Auch ist die Aufgabe des französischen Staates – der kurdische Politiker 24 Stunden am Tag überwacht, jedes Jahr dutzende patriotische Kurden festnimmt und verhaftet – aufzuklären. Wenn Frankreich es selbst möchte, wird es dies tun. Andernfalls wird immer seine „Mittäterschaft“ und „Unterstützung“ an diesen Morden mitten in Paris diskutiert werden.
 

Kurzum, gegen diejenigen oder gegen welches System Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez den Kampf geführt haben, jene sind die Mörder. Lassen wir mal die Spurensuche nach den Mördern zur Seite und wenden uns unseren Helden zu.
 

Nach Rousseau waren gute Menschen diejenigen, die ihr Leben an alle Menschen denkend lebten. Der gewöhnliche Mensch war der, der an sich selbst denkend lebte.
Dostojewski sagte mal: „Denkt ihr, euch selbstvergessend so sehr an Andere, dann werden sie sich stets an euch erinnern.“
 

Gestern fand in Paris eine prachtvolle „Zeremonie“ für diese drei tapferen kurdischen Frauen statt, die ihr eigenes Leben vergessen hatten. Aus allen vier Richtungen Europas strömten Menschen nach Paris. Es waren nicht nur Kurden. Armenier, Assyrer, Chaldäer, türkische Revolutionäre und Sozialisten, französische Kommunisten, Palästinenser, Tamilen, deutsche Sozialisten ... Jede/r von ihnen lief mit ihren/seinen eigenen Fahnen und Spruchbändern in der eigenen Sprache. Aber alle hatten am Revers Fotos, auf denen die drei revolutionären Frauen lachen. Es war eine Kundgebung, die den drei Frauen würdig war.
 

Man möchte sagen: „Könnten Sara (Sakine Cansız), Rojbîn (Fidan Doğan) und Ronahî (Leyla Şaylemez) doch dieses Bild sehen.“ Man kann niemals akzeptieren, dass sie nicht mehr unter uns sind. Man sucht nach etwas anderem als den Tod, das nicht Schmerz und Trauer bringt. Che Guevara schrieb kurz vor seinem Tod in einem Brief an seine Familie: „In unserer beschwerlichen Tätigkeit als Revolutionär ist der Tod ein sehr häufiger Unfall.“
 

Die Wahrheit darüber, dass diese Demonstration nicht mit elendigen und erbärmlichen Angriffen verhindert werden kann, ist uns bewusst und unser Trost.
Nun ist die Zeit der Begrüßung ...
Auf vielen Tontafeln der Sumerer kommt das Wort „amargi“ vor. Amargi bedeutet wohl „Rückkehr zur Mutter“.
 

Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şeylemez kehren in ein paar Tagen zur „Mutter“ zurück. Zu der Mutter, die ihre Arme und ihre Seele ausgebreitet hat und mit Liebe wartet ...
 

Amed, Dersim und Elbistan wird Zeuge dieser Begegnung sein.
 

Alle Veilchen, Nelken, der Klatschmohn und die Rosen sind für sie.
 

So viele Blumen sind für sie wie in Kurdistan blühen ...
 

Quelle: ANF, 14.01.2013, ISKU

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